Altersgerecht Bauen und Wohnen – Mangelware
Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) weist seit Jahren auf den Mangel altersgerechter Wohnungen hin. Auch wenn sich die Situation seit 2010 etwas verbessert hat, ist sie von einer Idealsituation weiterhin weit entfernt.
Die (deutsche) Bevölkerung wird immer älter. Ein Statement, welches auf dem ersten Blick nicht unbedingt problematisch wirkt. Erst bei genauerem Hinsehen wird klar, welche Herausforderungen diese Entwicklung mit sich bringt. Durch den rapiden Zuwachs der Generation 65+ in den kommenden Jahren wird das Thema altersgerechter Wohnraum immer wichtiger.
Bereits in 15 Jahren wird das Wohnen 70plus ein Viertel des gesamten Wohnungsmarktes ausmachen. Doch altersgerecht Wohnen und Bauen ist noch immer Mangelware – bislang gibt es nach Experten-Schätzungen nur 400.000 bis 500.000 entsprechende Wohneinheiten, d.h. rund 1 % des Wohnraums in Deutschland. BFW-Präsident Walter Rasch
Um das Problem in den Griff zu bekommen, sind Investitionen in Milliardenhöhe von Nöten. Doch Deutschland tut seit Jahren nichts, um sich auf die Folgen des demografischen Wandels vorzubereiten.
Inhaltsverzeichnis
Deutschland das Schlusslicht Europas
Laut der vom BFW im Jahr 2010 publizierten Studie, bei der 30.000 Haushalte in zwölf europäischen Ländern befragt wurden, sind in Deutschland nur 350.000 Wohnungen von insgesamt 39 Millionen altersgerecht (um)gebaut. Diese Statistik bestätigt ältere Ergebnisse des Bundesministeriums für Familie, Frauen, Senioren und Jugend aus dem Jahr 2006. Die durchschnittliche Versorgungsquote liegt dabei bei nur einem Prozent. Der BFW prognostiziert bis 2020 einen Bedarf von 800.000 altersgerechten Wohnungen, die neu gebaut oder modernisiert werden müssen. Diese neuen Wohnungen würden die Quote der altersgerechten Wohnungen auf nur drei Prozent erhöhen.
Stellt man diesen notwendigen Mindestbedarf von drei Prozent dem aktuellen Wohnungsbau in der Bundesrepublik gegenüber, entsteht ein wenig erfreuliches Bild: Angaben des Statistischen Bundesamtes zufolge wurden im Jahr 2013 nur 192.276 neue Wohnungen fertiggestellt. Im Vergleich dazu: 20 Jahre zuvor wurden mehr als 500.000 Wohnungen jährlich gebaut, der Höchststand wurde 1996 mit mehr als 600.000 Einheiten erreicht. Seit 1998 ist der Neubau von Wohnungen stark rückgängig und erreichte 2008 einen Tiefpunkt. 2010 hat sich der Wohnungsbau minimal erhöht, hat aber nicht die Leistung erreicht, die Deutschland für das Thema altersgerecht Wohnen benötigt.
Wenig Wohneigentum ein weiteres Problem
Deutschland ist im europäischen Vergleich nicht nur das Schlusslicht im Bereich des altersgerechten Wohnens, das Land muss sich mit einem weiteren Problem auseinandersetzen: Vergleichsweise wenige alte Menschen besitzen Wohneigentum. Auch hier ist Deutschland im europäischen Vergleich auf den hinteren Plätzen zu finden. Das könnte einer der vielen Gründe sein, warum viele Menschen keine altersgerechten Umbaumaßnahmen ausführen. Dazu benötigten sie die Einwilligung des Vermieters. Wie das Institut der deutschen Wirtschaft Köln erklärt, beträgt die Wohneigentumsquote in Deutschland nur 45,5 Prozent. Mit diesem Wert belegt Deutschland den vorletzten Platz vor der Schweiz. Auf der anderen Seite steht Rumänien mit einer Wohneigentumsquote von 96,6 Prozent, gefolgt von Litauen (92,3 Prozent) und Kroatien (92,1) Prozent.
Eigeninitiative: Bereits heute für morgen planen
Angesichts der Tatsache, dass seit Jahren das Thema altersgerechter Wohnraum weitestgehend unbehandelt bleibt, scheint es sinnvoll, dass jeder Mensch selbst vorsorgt. Doch viele Menschen denken nach wie vor nicht an das hohe Alter. Sie verschieben diese Arbeit bis auf den Tag, an dem sie sie nötig haben.
Dieses Denken ist kategorisch falsch, denn von einem altersgerechten Wohnraum kann man auch vor dem 65. Lebensjahr profitieren. Grundsätzlich ist jede barrierefreie Wohnung als altersgerecht zu bezeichnen. Eine solche Wohnung erleichtert Menschen allen Altersgruppen das Leben, indem die Navigation im Haus sicher und komfortabel gestaltet ist. Ein anderer Faktor, der das frühzeitige Nachrüsten schmackhaft machen sollte, ist die Frage der Kosten.
Eine plötzliche Nachrüstung beziehungsweise der Umbau der eigenen vier Wände ist kostspielig. Wer frühzeitig beginnt, kann die Kosten für einen barrierefreien Wohnraum über viele Jahre verteilen. Insbesondere Häuslebauer, die sich heute den Traum vom Eigenheim verwirklichen, können profitieren, indem sie von Anfang an barrierefrei bauen. Experten zufolge erhöht das die Baukosten zwar um rund drei Prozent, dafür erspart man sich aber auch einen nachträglichen Umbau.
Zuschüsse und Förderungen mindern die Investition
Wer sich aufgrund des hohen Kostenaufwands vor einer Modernisierung für die Zukunft scheut, der sollte wissen, dass solche Vorhaben finanziert werden. Seit dem 1. Oktober können Interessierte einen Zuschuss von der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) erhalten. Im Rahmen des Programms Altersgerechtes Umbauen erhalten private Wohneigentümer Zuschüsse bis 5.000 Euro. Neben diesem Zuschuss ist bei der KfW ein Kreditprogramm erhältlich, welches Darlehen bis 50.000 Euro zinsgünstig anbietet. Der Antrag für dieses zinsgünstige Darlehen wird bei der entsprechenden Hausbank gestellt. Die dritte Finanzierungsmöglichkeit ist der Riester-Sparvertrag, welcher inzwischen für Altersvorsorgen genutzt werden darf. Wenn die Immobilie vor über drei Jahren gekauft wurde, muss allerdings mindestens 20.000 Euro des Kapitals, ansonsten zumindest 6.000 Euro verwendet werden.
Mit den oben genannten Hilfen können Interessierte zum Beispiel Badmöbel kaufen, die nicht nur modern aussehen, sondern auch die barrierefreien Ansprüche eines modernen Badezimmers erfüllen. Das Bad ist Experten zufolge das wichtigste Zimmer, welches eine barrierefreie Behandlung benötigt.
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